Kinderheime in der DDR

#1 von Oktopus ( gelöscht ) , 11.10.2016 16:37

Ja- es gibt einige Themen zum Jubeln über die DDR. Besonders bei systemangepassten Mitbürgern.
Aber- es gibt auch an sich normale Themen wie "Kinderheime", die dann zum nachdenklichen und Problemthema werden wenn wir den Missbrauch in der DDR betrachten.
So sind auch Zeiten zu sehen, in den Kinderheime sprichwörtlich aus dem Boden schossen.

Mein Gedanke war beim Kinderheim in Wertpfuhl bei Werneuchen. An dem ich tagtäglich vorbei gefahren bin.
Lage: Freienwalder Chaussee 8-10 in Werftpfuhl.
Gleich gegenüber dem Abzweig.... auf der B158.

Heute ist dort die Jugendbildungsstätte "Kurt Löwenstein". Der Interessent findet Daten auf der Website: http://www.kurt-loewenstein.de.
Auch Fotos und Lageplan.

In den 60ger Jahren hieß es:
Kombinat der Heime für Psychodiagnostik und pädagogisch-psychologische Therapie-- 1291 Heim Wertpfuhl b.Bln.
( Objekt 1)

Man beachte: Kombinat
Irgendwie beginnt doch bereits dort der menschenverachtende Ansatz.

Hier ein Video zu DDR-Spezialkinderheimen und Heim Werftpfuhl:
https://www.youtube.com/watch?v=CPuru5ANFkw&feature=youtu.be

Ich denke, dort ist sehr sehr viel Unrecht geschehen. Dessen wir uns als ehemalige DDR-Bürger schämen müssen.

Oktopus

RE: Kinderheime in der DDR

#2 von Jens , 03.04.2017 22:52

Sicher läßt sich so etwas thematisieren. Rückblickend ist mit Sicherheit viel Unrecht geschehen. Aber wer von den Externen will den Einzelfall nach den Jahren, gar Jahrzehnten, bewerten ?
Gern zeigen die heute Mächtigen und die West-Medien auf das Thema und schieben das Dilemma dem SED-Regime und der Stasi in die Schuhe.
Aber wie sah es zur selben Zeit in Kinderheimen der damaligen BRD aus ?
Ich möchte sagen, noch viel viel schlimmer.
Nicht umsonst hat die Bundesregierung jetzt einen millionenschweren Fonds aufgelegt um ehemalige Heimkinder zu entschädigen.
9000 Euro pro Person sind angesetzt.
Kürzlich kam im TV ein Beitrag zu einem ( kirchlichen) diakonischen Kinderheim in Hessen. In dem klinische Test neuer Medikamente an diesen Kindern durchgeführt worden sind. Wer die Medikamente nicht nehmen wollte wurde gebrochen durch Schläge oder einsperren in dunkler Besenkammer bis das Kind klein beigab.
Diese Personen sind ein Leben lang psychisch belastet und ggf. gesundheitlich geschädigt. 9000 Euro sind ein Hohn.

Aber das positive Bild der West-Kinderheime, dass die Politik durch das Fingerzeigen auf DDR-Kinderheime gern zeigen will, existierte nicht.
In der BRD war alles noch viel viel schlimmer.

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RE: Kinderheime in der DDR

#3 von Mrozek , 03.04.2017 22:55

Nicht nur in der DDR war das Heimleben zu hinterfragen. Auch im westelbischen Gebiet lag das Schweigen über dieses Problem.
http://www.hna.de/lokales/schwalmstadt/s...rn-6946555.html

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RE: Kinderheime in der DDR

#4 von NZZ , 03.04.2017 22:56

Wir hatten bei NVA auch einen Mitstreiter mit Aufwuchs im Kinderheim. Er wurde Berufssoldat und guter Parteisoldat und klagte nie über irgendwelche Misshandlungen.
Nur in einer Sache hatte er Pech. Geburtstag am 24. Dezember

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RE: Kinderheime in der DDR

#5 von Hein ( gelöscht ) , 03.02.2018 20:37

"DAS KOMBINAT DER SONDERHEIME IN DER DDR"
Zu DDR-Zeiten landeten als schwierig abgestempelte Mädchen oder Jungen in einem von vier Sonderheimen – alle lagen im heutigen Brandenburg.
Mit dem Stempel „verhaltensgestört“ ist zu DDR-Zeiten das Schicksal von nicht wenigen Kindern und Jugendlichen nahezu besiegelt worden. Sie landeten zur sozialistischen Umerziehung in einem von vier Sonderheimen. Aus ihnen sollten wieder „vollwertige Mitglieder der DDR-Gesellschaft“ werden. Manche lebten fast unter Gefängnisbedingungen und erhielten Psychopharmaka als Therapieersatz. Anderen blieb das erspart.

„Mit dem heutigen Blick waren die Kinder vielleicht nur extrovertiert und hyperaktiv. Aus DDR-Sicht entsprachen sie nicht den Normen“, sagt der Leipziger Förderpädagoge Andreas Methner. In seinem Buch „Diagnose: verhaltensgestört. Das Kombinat der Sonderheime der DDR“ beleuchtet er ein bislang wenig aufgearbeitetes Kapitel der DDR-Heimerziehung. Er sucht nach den historischen Ursachen und beschreibt die Arbeitsweise der Sonderheime.

In der DDR waren zwischen 1949 und 1990 knapp eine halbe Million Kinder und Jugendliche in Heimen untergebracht, darunter etwa 135 000 in Spezialeinrichtungen, die für besonders grausame Methoden der „Umerziehung“ bekannt waren. Dazu gehörte etwa der berüchtigte Jugendwerkhof in Torgau. Etwa 5000 Mädchen und Jungen wurden in die Sonderheime gesteckt.
Dorthin kamen Kinder und Jugendliche, mit denen sich andere Heime überfordert sahen. Pädagogische Maßnahmen oder Therapie: Fehlanzeige. Methner beschreibt das in den Heimen herrschende strenge Regime mit durchgeplantem Tagesablauf. Laut einer in dem Buch aufgeführten Statistik aus DDR-Zeiten wurden 1980/81 etwa 62 Prozent der Jugendlichen in den Sonderheimen mit Medikamenten behandelt. „Ich komme mir vor wie ein Schluckautomat“, berichtete ein Betroffener dem Autor.

Das Kombinat
1964 entstand eine eigenartige Konstruktion mit dem verwirrenden Namen „Kombinat der Sonderheime für Psychodiagnostik und pädagogisch-psychologische Therapie“. Hier wurden vier Einrichtungen zusammengefasst, alle rund um Berlin im heutigen Brandenburg: in Werftpfuhl, Borgsdorf, Bollersdorf und Groß Köris. 1987 wurde das Konstrukt Kombinat aufgelöst, die Heime blieben bestehen.
„Die individuelle Erziehung spielte keine Rolle“, sagt Silvana Hilliger von der Brandenburger Landesstelle zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur. Die Behörde hat das Buch herausgegeben.
Die vier ehemaligen Sonderheime übernahm nach der Wende das Brandenburger Bildungsministerium. Anschließend gingen sie an freie Träger. Heute sind dort Bildungsstätten oder gemeinnützige Einrichtungen der Jugendhilfe untergebracht.

Hein

RE: Kinderheime in der DDR

#6 von Sylvia66 ( gelöscht ) , 28.03.2018 16:02

Der Landkreis MOL hat die DDR- Heime der Region aufgelistet:

Kreis Bad Freienwalde
- Durchgangsheim, 1310 Bad Freienwalde, Victor-Blüthgen-Straße
- Jugendwohnheim „Erich Hannemann" Bad Freienwalde, 1310 Bad Freienwalde (Oder), Sonnenburger Straße 3 a
- Kinderheim „Hilde Coppi", 1310 Bad Freienwalde, Goethestraße 25
- Kinderheim „Hans Beimler" Bralitz, Oderberger Str. 15-18

Kreis Seelow
- Jugendwerkhof Gorgast (bis Mitte der 60-ziger Jahre)

Kreis Strausberg
- (Spezial)Kinderheim „Weiße Taube", Bollersdorf bei Buckow, Märkische Schweiz (um 1960)
- Kinderheim „Haus Sonnenschein" / „Franz Mehring" Buckow/Märk. Schweiz
- Kreiskinderheim I, Dahlwitz-Hoppegarten, Rudolf-Breitscheidstraße 39 (um 1960)
- Kinderheim (II) „Max Reimann" Dahlwitz-Hoppegarten, 1271 Dahlwitz-Hoppegarten, Ernst-Thälmann-Str. 2-12 (ab 1954)
- Jugendwerkhof Hennickendorf, 1262 Hennickendorf, Berliner Straße 32
- Kleinkinderheim Hennickendorf (um 1965)
- Kinderheim „Käte Niederkirchner", Herzfelde, Hans-Schröer-Str. 15
- Kinderheim „Haus Tornow" Pritzhagen, über Buckow, Märkische Schweiz
- Kinderheim II, Strausberg-Vorstadt, Lasallestraße 9 (um 1965)
- Kinderheim „Dr. Theodor Neubauer" Waldsieversdorf, 1277 Waldsieversdorf, Geschwister-Scholl-Str. 12 a

Sylvia66

RE: Kinderheime in der DDR

#7 von Tobias , 28.03.2018 16:20

Zum Kinderheim II in Hoppegarten:
Es war ein Heim für verwaiste Kinder.
Manche berichten im Web, dass das Schloss Hoppegarten ein Kinderheim war. Dem ist aber nicht so. Das Kinderheim war in der Villa "Breest". Die Villa lag direkt am S-Bahnhof Hoppegarten.
1898 erbaut als Wohnsitz der Familie Breest. Diese floh 1946 in den Westen.
Am 7. Juli 1954 zogen die ersten Kinder aus dem damaligen Heim "Waldfrieden " in Vogelsdorf um.
Else van der Wehr, Gretel Bauermeister, Ulrich Eley und Siegfried Trzoß waren bis zur Schließung 1991 die Leiter dieser Einrichtung, die den Namen des Widerstandskämpfers und Politikers Max Reimann trug.
http://daten2.verwaltungsportal.de/datei..._27.05.2005.pdf

Seite 3 mit dem historischen Foto der Villa.
Das sollte sich jene User mal ansehen und lesen, die fälschlicherweise im Web das Schloss zum Kinderheim machten.

Hernach brannte die Villa völlig nieder.
---------------------------

Einzig die "Weiße Taube" in Bollersdorf/Buckow besteht immer noch.

 
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RE: Kinderheime in der DDR

#8 von Grandaddy , 28.03.2018 16:39

Verwaiste Kinder- gut und schön. Wenn Eltern wegen der Gefahrenlage ohne Kinder in den Westen flohen und Kinder blieben bei Großeltern (derweil), stufte der Staat diese Kinder als verwaiste Kinder ein, nahm sie den Großeltern weg und steckte die Kinder in solche Heime für verwaiste Kinder.

Eine riesen Sauerei die damals ablief und mit solchem Bezug lässt sich auch der gnadenlose Hass auf Margot Honecker +Co erklären.
Man kann doch nicht die leiblichen Kinder den Eltern und der Familie entziehen und sie zu Waisen erklären. Nur weil ein Elternteil oder beide Elternteile nicht mehr zum Staat DDR standen. Unter solchen Bedingungen war die DDR auch kein sozialistischer Staat sondern eine Diktatur von Möchtegern-Führern.
Ein sozialistischer Staat macht nicht solche Taten.

Die andere Seite sind die Jugendwerkhöfe.
Eine Fahne der FDJ mit der Aufschrift:
Bester Jugendwerkhof der Arbeitsgruppe Nord im Kompasswettbewerb

Kann man die Jugend dort mit Schlägen und Tritten und..... zu kämpferischen FDJlern erziehen ? Man kann den Menschen mit solchen Methoden zwar brechen, aber keine kommunistische Überzeugung einbleuen.
Solche Fahnen als "Ehrenbanner" für Jugendwerkhöfe sind ein Hohn. Im Prinzip haben sich doch nur einige Funktionäre und die Anstaltsleitung damit ein Schulterklopfen von den SED/FDJ-- Keis/Bezirksfürsten abgeholt.

Angefügte Bilder:
Sie haben nicht die nötigen Rechte, um die angehängten Bilder zu sehen
 
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RE: Kinderheime in der DDR

#9 von Nandu , 29.03.2018 15:43

Zu den Kinderheimen. Heute ist alles einfach mit dem Finger auf DDR zu zeigen. Schauen wir aber wirklich einmal links und rechts daneben, finden wir in Kinderheimen der Bundesrepublik Deutschland genau die selben Zustände.... oder in der Schweiz oder in Österreich.....
Während jeden Monat zu den Missständen in DDR-Heimen eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird -- steht niemand auf zu den Missständen in BRD-Heimen, in der Schweiz ....
Niemand prangert an... ´niemand stellt Gedenksteine auf... niemand verordnet den geschundenen Körpern und verbrannten Seelen eine Erholung.... niemand steht schon staatswegen auf um einen Entschädigungsfonds zu bilden und finanzielle Entschädigung für das Unrecht zu gewähren...
Wenn schon, dann sollten alle gleich behandelt werden. Auch in der Zerstückelung durch die Medien. Aber hier zeigt sich wieder, diese Medien sind eben doch staatsgelenkt und hörig.

 
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RE: Kinderheime in der DDR

#10 von Klaus , 29.04.2019 21:19

Wir sollten nicht alle Kinder in Heime über einen Kamm scheren. Sicher gab es solche und solche. Aber die SED setzte mit Sicherheit ihre eigenen Märchen zu den Heimen in Umlauf. Sie brauchten ein Alibi. Denn sie wussten um die Geschehnisse in und um den Heimen.
BIs heute erfolgt doch keine Lückenlose Aufklärung,
Warum ? Sehe wir doch an des Landesregierenden in Brandenburg und auch in Berlin. Sie nennen sich neu "die Linke". Die handelnden Personen sind immer noch alte SED Kader- sogar Parteikader. Angeblich gewendet. Nur im Hirn halt nicht. Nur das Hemd gewendet.
Auch in einer Demokratie sollte solch ein Aufstieg nicht möglich sein.


 
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RE: Kinderheime in der DDR

#11 von Fritz2009 , 14.02.2020 20:23

Leider kommen auch persönliche Einstellungen zum Thema durch bundesdeutsches Verhalten.
DDR Kinderheime waren alle schlecht und Kinder wurden misshandelt. BRD Kinderheime waren alle gut.
Schon ist der schwarz-weiß Fokus fertig.
Aber ab und an kommen auf 3. Programme spät Nachts auch Sendungen zu BRD-Kinderheime. Wegen Kindesmisshandlung etc.. Sie waren also keinen deut besser wie die angefeindeten DDR-Heime.
Mein Militärkollege Axel war auch in einem Heim. Aus welchem Grund auch immer. Aber er fand den Weg zum Berufssoldaten und stand für diese DDR ein. War sogar SED-Mitglied. Alles ohne Zwang. So etwas macht kein Mensch der in Kinderheimen oder nachfolgend misshandelt worden ist.

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RE: Kinderheime in der DDR

#12 von Lewis , 06.08.2021 00:39

Ehem. Kinderheim Ruhla Thüringen

Fotos: Kai Lauterer


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