Mestlin
In den 50er Jahren entstand im heutigen Landkreis Ludwigslust-Parchim ein Musterdorf. Zentrum war das Kulturhaus. Ende der 90er war der Bau nur noch eine Ruine. Dorfbewohner gründeten den Verein „Denkmal Kultur Mestlin“ und retteten das Gebäude. Dafür gab es jetzt den Preis für Denkmalpflege. Für ein Happy End ist es aber noch zu früh.
Rückblende: In den 50er Jahren entschied die SED-Spitze, Mestlin zu einem DDR-Musterdorf zu machen. Das Zentrum bildete das Kulturhaus. „Hier fand alles statt, was man sich an sozialen Veranstaltungen vorstellen kann: Einschulungsfeiern, Jugendweihen, Fasching, Erntefeste, Weihnachtsfeiern, Silvesterpartys, Konzerte, Ausstellungen und Partei-Treffen“, sagt Claudia Stauß, 1. Vorsitzende des Kulturhaus-Vereins Mestlin. Jahrzehnte lang ging das so. Bis zu 15 Beschäftigte arbeiteten in dem Gebäude. Dann kam die Wiedervereinigung. „Das war natürlich ein krasser Bruch“, urteilt Stauß. Von jetzt auf gleich viel die Finanzierung des Kulturhauses zusammen. Zehn bis 15 Menschen verloren von jetzt auf gleich ihre Arbeit – „vom Heizer bis zum Kulturhausleiter“, sagt die Vorsitzende des Denkmalvereins.
„Kulturhäuser wurden im Einigungsvertrag überhaupt nicht berücksichtigt. Das ist nicht nur in Mestlin so passiert, sondern überall anders auch. Betriebe wurden an die Treuhand übergeben. Aber Kulturhäuser gab es in den „Alten Bundesländern“ nicht. Darum gab es sie auch nicht in den Regelungen des Einigungsvertrages. Darum gingen sie den Bach runter und so war es in Mestlin auch.“
Dann ging es hoch und runter mit dem Kulturhaus. Erst einmal runter. Zu Beginn der 90er Jahre zog eine Großraumdisco in das Gebäude ein. Die Gemeinde verpachtete das Gebäude in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft an einen Betreiber aus Hamburg. Der versprach der Gemeinde Einnahmen und eine weitere Nutzung für andere Veranstaltungen. Aus all dem wurde aber nichts. „Sie sind komplett unter den Tisch gezogen worden. Es ist eine typische Geschichte, wie wahrscheinlich viele passiert sind“, sagt Stauß nicht ohne Bitterkeit.
Nach ein paar Jahren gingen die Lichter der Diskothek aus. Den Zustand des Gebäudes beschreibt am besten eine Chronik auf der Homepage hinterland-marktplatz.de. Dort steht: „Zurück blieb 1996 ein durch Beach-Parties, Schlammcatchen und Vandalismus ruinierter Bau, dessen Einrichtung mitsamt der Technik geplündert oder verwüstet war.“ Die Heizungsanlage war völlig zerstört, ebenso die Inneneinrichtung
Das Gebäude wäre wohl komplett zerfallen, wenn sich nicht Menschen aus dem Dorf zusammengetan hätten. 1997 gründete sich der Verein Kulturhaus Mestlin e.V. 2008 übernahm dann der heutige Verein „Denkmal Kultur Mestlin e.V.“. Deren Mitglieder bemühten sich um Fördermittel und weckte das Gebäude vor allem als Veranstaltungsort zu neuem Leben:
„Wir haben mit kleinen Partys, Ausstellungen und Veranstaltungen angefangen. Das alles hat sich in den vergangenen Jahren entwickelt.“
Insgesamt eine Million Euro haben die Denkmalpfleger in Mestlin für ihr Kulturhaus gesammelt. Dieses Engagement wurde jetzt mit der „Silbernen Halbkugel“, die als höchste Auszeichnung für den Denkmalschutz in Deutschland gilt, belohnt. Es ist ein Ehrenpreis. Geld gibt es dafür nicht. Vom Ziel, das komplette Kulturhaus zu renovieren, sind Frau Stauß und ihre Mitstreiter noch ein weites Stück entfernt:
„Wir brauchen allein für das Haus bestimmt noch drei bis fünf Millionen Euro. Die Situation ist nach wie vor noch nicht tragfähig.“
Nach wie vor ist allein die Gemeinde Mestlin verantwortlich für das Gebäude. Der Verein möchte den Bund und das Land Mecklenburg-Vorpommern mit ins Boot holen. Denn die freiwilligen Helfer möchten sich vor allem wieder darum kümmern, wozu das Kulturhaus einmal gebaut wurde: um Veranstaltungen. Vom 17. bis zum 19. November bildet das Kulturhaus Mestlin den Rahmen für den Marktplatz „Hinterland“. Es gibt Livemusik, Essen, Getränke und einen Markt für Mode, Handwerk und Kunst.